Sonntag, 9. Oktober 2016


„Hi, machst du auch TfP?“ oder:  3 Gründe gegen TfP



Langsam bin ich es echt Leid, dass manche mich für eingebildet halten oder sagen ich denke ich wäre was Besseres, weil ich jede Woche TfP Absagen schreibe. Deshalb versuche ich noch einmal zu erklären warum dieses Wort bei vielen Fotografen so verhasst ist. Der Text wird bestimmt etwas länger werden, aber wer ihn nicht bis zum Ende lesen will, weil er zu lang ist und mich dann trotzdem noch nach „TfP“ fragt, dem ist grundsätzlich nicht mehr zu helfen!!


Was heißt eigentlich „TFP“? Ich würde es heutzutage ja als „Totale Fehlinterpretation von Privatpersonen“ bezeichnen, aber eigentlich heißt es „Time for Print“. Bedeutet: Model investiert Zeit und bekommt dafür Prints vom Fotografen. Beide verzichten somit auf ihren Arbeitslohn um gegenseitig mit den Fotos werben zu können. Win-Win Situation also.

Bei wem es bei dem Satz „Werbung für beide Seiten – Win – Win Situation“ noch nicht geklingelt hat, hier nochmal einen wirtschaftlichen einige soziale Gründe warum Fotografen einfach, wie soll ich es sagen, nicht jeden umsonst fotografieren (Ich komme mir beim Schreiben solcher Sätze schon dumm vor, aber einige verstehen es ja wirklich nicht!?)


Wirtschaftlicher Aspekt:

Der Vergleich mit dem Bäcker und den Brötchen ist ziemlich ausgelutscht und scheint eh nicht zu fruchten, deshalb versuche ich es mal anders. Ihr seid Steuerberaterin, Bürokauffrau, Köchin, Handwerkerin oder führt jeden anderen Beruf aus. Nun kommen über das Internet mehrere Leute aus eurer Umgebung (für euch völlig Fremde) zu euch und fragen, ob ihr nach der Arbeit nicht Lust habt deren Steuern kurz durch zu checken, ihren Bürokram zu machen, ihre Wohnung zu putzen, ihnen einen neuen Wasserhahn einzubauen oder vielleicht für sie zu kochen, natürlich umsonst weil, sie hätten gehört, du machst das ja total gern!! Muss ich dazu jetzt wirklich noch sagen, was bei den Meisten von euch die Antwort wäre??? …Einige sind vielleicht so zuvorkommend und sagen sie würden dafür auch bezahlen (kleine Beteiligung), sie geben euch also 15€, vielleicht auch 40€, aber mehr nun wirklich nicht, damit ihr Arbeit macht, die wesentlich teurer wäre, wenn ihr sie von eurer Arbeitsstätte aus machen würdet, oder jemand anderes der dafür Geld nimmt. Moment, ist das nicht Schwarzarbeit? (…!)

Noch nebenbei erwähnt: Wer bezahlt eigentlich mein Equipment? Alles in einem habe ich bald einen 5-stelligen Betrag investiert (andere Fotografen viel mehr!). Hätte ich einen Goldesel, würde ich sicher nicht grade hier sitzen und diesen Text schreiben.


Sozialer Aspekt:

Damit wären wir auch schon beim sozialen Grund, warum TfP einfach nicht für jedermann gedacht ist. Ich spreche jetzt mal bewusst von mir, ich weiß aber dass es bei den meisten anderen Fotografen nicht anders ist. Ich bin ein Mensch. Ich lebe auf der Erde, mein Tag hat 24 Stunden. Ich lebe nicht in einem Paralleluniversum, an dem die Tage 40 Stunden dauern und ich mich wenn ich abends alles was erledigt werden muss in einem normalen Leben erledigt habe, nochmal für 10 Stunden hin setzen kann um nochmal zu arbeiten. Ein gutes Foto dauert schon mal seine Zeit und ehe man sich versieht, ist es 32Uhr… ääääh? Kurz: Ich habe also wenn ich abends nach Hause komme ca. 3-5 Stunden Zeit, bevor ich wieder schlafen gehen muss. Ist logisch, dass ich diese Zeit nicht damit verbringe, Fremden Leuten für NICHTS eine Freude zu machen, denn das ist MEINE Lebenszeit und die gibt mir niemand zurück und deshalb lasse ich sie mir bezahlen. Wobei, wenn ich genauer drüber nachdenke, für Nichts ist ein bisschen hart formuliert – hart für mich. Denn ich zahle Steuern, Abos, Equipment, Miete im Endeffekt bezahle ICH also dafür dass ANDERE schöne Fotos bekommen. Sorry, aber ich bin nicht die Wohlfahrt. (Das ist allerdings bei hauptberuflichen Fotografen genau das gleiche Spiel, wie bei nebenberuflichen – kein Argument ;) ).

„Aber du machst doch mit anderen auch TfP“. Dieser Absatz könnte etwas gemein werden…Ja, ich mache TfP, aber wie eingangs erwähnt, ziehe ja auch ich einen Nutzen daraus. Und zwar was Facebook angeht (weil es mein einzige Werbeplattform ist) Werbung, Reichweite, Likes. Selbstverständlich würde ich Giselle Bündchen umsonst fotografieren! Ihr müsst euch im Klaren sein, ob ihr eine Bereicherung für meine Seite, mein Geschäft seid, oder ob nur ich Euer Leben/Eure Seite/Euer Geschäft bereichere. Bei 20% der Anfragen die so in mein Postfach flattern, ist das leider nicht der Fall, Mit 10% vereinbare ich einen Termin 70% schaue ich mir gar nicht erst an, weil zwischen den Zeilen steht „Ey Trottel, sagmal machst du deine Arbeit eigentlich auch umsonst??“.


Wenn ihr also ausseht wie Megan Fox oder eine Ausstrahlung habt wie Claudia Schiffer, ja, dann fotografiere ich und sicher auch alle anderen Fotografen – gerne umsonst! Wenn ihr gerne modelt und von mir fotografiert werden wollt, dann könnt ihr mir gerne eine Anfrage schicken, darin sollte aber etwas mehr von euch zu lesen sein und auch Fotos gehören dazu, dann denke ich gerne drüber nach und vielleicht passt ihr ja in eine meiner Ideen. Wenn aber von alledem nichts bei euch zutrifft, es euch nicht mal Wert ist, eine ordentliche Bewerbung zu schreiben, solltet ihr „TfP“ nicht in den Mund nehmen.


Over and Out.

Einen schönen Sonntag.